Als Ende des 19. Jahrhunderts die Luchstaube in Deutschland ihren Einzug hielt, begann ihr Siegeszug der bis heute anhält.
Die Ursprungstiere stammten aus der Krakauer Gegend. Hierbei handelte es sich um kräftige Feldtauben mit weißen Binden oder Schuppung, die in den Farben blau, dunkelblau und schwarz auftraten. Die Ausgangspopulation waren farbschwingige Tiere. Erst mit der Einkreuzung eines weißschwingigen weißgezeichneten Kröpfers entstand die weißschwingige Variante.
Ein weiteres Merkmal dieser Einkreuzung war die Ausbildung des Luftkropfes, der die Brust noch betonter erscheinen ließ und die charakteristische Form der Luchstauben erst so richtig zur Geltung brachte.
Von der Züchterschaft wurde die weißschwingige Variante bevorzugt und sorgte für eine rasante Verbreitung. Größe und Nutzeigenschaften forcierten diese Entwicklung.
In der Literatur finden wir einige Hinweise zu den Ahnen unserer Luchstauben. Hier sind es vor allem die Hyazinttaube und die Cauchois deren Erbgut mit eingeflossen sein soll.
Aber auch die oben genannten weißgezeichneten Kropftauben können als Ahnen der Luchstauben in Betracht gezogen werden.
Die weiße Zeichnung (Binden o. Schuppung) tritt auch nach Einkreuzungen sehr schnell wieder in Erscheinung.
Ein Name der bei der Einfuhr der Luchstauben nach Deutschland unbedingt genannt werden muss, ist der große Taubenkenner Prof. von Roswandowski. Er stellte 1881 die ersten Luchstauben in Halle an der Saale zur Schau. Diese Tiere blieben in Halle und fanden begeisterte Züchter. Ab dieser Zeit begann die Veredelung unserer Luchstauben.
Unser Altmeister der Luchstaube, Edmund Krebs aus Halle, leistete hier enorme Pionierarbeit.
Die eingeführten Luchstauben waren nicht so rein in der Grundfarbe und Zeichnung wie unsere heutigen Rassevertreter. Oft war die Grundfarbe stark rußig und das Zeichnungsweiß mit Pfeffer und Rost durchsetzt, so dass ein langer Weg der Zuchtarbeit begann. Die Tatsache, dass zu dieser Zeit hellblau und dunkelblau in eigenen Klassen ausgestellt wurden, zeigen die Probleme der blauen Luchstauben auf. Die Verpaarung dieser Blauvarianten untereinander brachte aber keinen Erfolg. Zuchtziel war eine mittelblaue Grundfarbe, wie wir sie bei den Strasser und Startauben vorfinden. So verbesserte Edmund Krebs die Grundfarbe des blauen Farbenschlages durch die Einkreuzung von blauen Startauben. Auch wenn diese Nachzuchttiere erst einmal an Größe verloren, gelang es ihm durch gezielte Zuchtwahl und Selektion die Größe wieder zu verbessern. Ein weiterer Effekt dieser Einkreuzung war eine wesentliche Verbesserung des Binden- und Schuppungsweißes. Waren es am Anfang seines züchterischen Wirkens die Verbesserung des blauen und schwarzen Farbenschlages, so erwarb er sich bei der Herauszüchtung des roten und gelben Farbenschlages große Verdienste.
Inwieweit rote und gelbe Libanontauben oder Kropftauben mit weißer Flügelzeichnung zur Herauszüchtung verwendet wurden, sei dahingestellt.
Damit waren ab dieser Zeit die Luchstauben in allen vier Grundfarbenschlägen vorhanden.
Mit der Gründung des Sondervereins am 17. Februar 1906 in Frankfurt am Main begann die organisierte und zielgerichtete Rasseentwicklung unserer Luchstauben. Die Qualität unserer Luchstauben Anfang des 20. Jahrhunderts waren maßgeblich durch den Einfluss der Zuchtarbeit unseres Altmeisters Edmund Krebs geprägt.
Ab Mitte des 20 Jahrhunderts begann ein weiterer großer Luchstaubenfach-mann, Dr. F. Hebeler, die Form und Größe der Luchstauben zu verbessern.1955 begann er systematisch durch Einkreuzung von Fremdrassen( King, Mondain, Strasser) sein Zuchtvorhaben zu verwirklichen. Seine Veröffentlichungen über diese Zuchtarbeit sind noch heute Grundlage für die wichtigsten züchterischen Erkenntnisse. Seinem Wirken ist es zu verdanken, dass die Luchstaube den heutigen hohen Qualitätsstand erreicht hat.
Noch vor 60 Jahren waren unsere Luchstauben mit den heutigen nicht zu vergleichen. Nicht nur von der Größe und Gewicht her (zu dieser Zeit hatten sie ein Gewicht von etwa 600 Gramm), auch formlich, farblich und zeichnungsmäßig haben sie sich enorm verbessert.
Eine kurze, breite Form mit besonderer Betonung der Brustbreite und Brusttiefe kennzeichnet unsere heutigen Luchstauben. Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf unsere Farbenschläge Blau und Schwarz, sondern auch unsere Roten und Gelben haben hier aufgeholt bzw. gleichgezogen.
Noch vor Jahrzehnten standen auf den Großen Schauen überwiegend blaue und blaugeschuppte Luchstauben. Die Farbenschläge Schwarz, Rot und Gelb waren nur in geringen Tierzahlen vertreten.
Betrachten wir die Entwicklung auf unseren Hauptsonderschauen stellen wir fest, dass hier eine Verschiebung zu Gunsten der schwarzen, roten und gelben Farbenschläge festzustellen ist. Die Spitzentiere dieser Farbenschläge stehen qualitätsmäßig den Blauen in keiner Weise nach. Man muss aber hier klar herausstellen, dass ohne die zielgerichtete Förderung des Sondervereins diese Farbenschläge den jetzigen Zuchtstand nicht erreicht hätten.
Ein Thema muss hier unbedingt angesprochen werden!
Bei der Verbesserung der Form und Größe ist es in der züchterischen Entwicklung zu Übertreibungen gekommen. Das Herausstellen nur der größten und schwersten Luchstauben hat letztendlich die Zucht in eine Sackgasse geführt. Auf der Strecke dieser Entwicklung blieb die Zuchtfreudigkeit unserer Rasse, die einst so gelobt wurde. Diese Luchstauben hatten Gewichte, die selbst unsere Riesentauben „in den Schatten“ stellten.
Begleiterscheinungen dieser Entwicklung waren eine schlechte Rückenabdeckung, loses Brust-, Bauch- und Schenkelgefieder, die vornehmlich im blauen Farbenschlag gezeigt wurden.
Die zielgerichtete Arbeit des Sondervereins hat Früchte getragen und wir sehen wieder typhafte Formtiere mit feiner Grundfarbe und Zeichnung. Dass die Rückenabdeckung zu erreichen ist, beweisen unsere herausgestellten Tiere. Auch die Arbeit unserer Sonderrichter hat wesentlich dazu beigetragen, dass loses Bauch-, Brust- und Schenkelgefieder der Vergangenheit angehören.
Nicht die größte und schwerste Luchstaube ist unser Zuchtziel, sondern eine ausgewogene, harmonische Form mit entsprechender Größe.
Zum Thema Gewicht habe ich schon mehrmals eine Aussage getroffen. Jungtiere sollten ein Gewicht von 800 – 900 Gramm aufweisen, Alttiere können durchaus 100 Gramm mehr auf die Wage bringen. Diese Angaben sind als Obergrenze zu verstehen. Ich halte diese Angaben für unbedingt erforderlich, um die Zuchtfreudigkeit unserer Luchstauben wieder zu verbessern. Dass die Zuchtfreudigkeit erblich beeinflussbar ist, bedeutet nur Tiere in die Zucht einzustellen, die aus zuchtfreudigen Linien stammen.
Schönheit und Leistung sollen auch in der Zucht der Luchstauben eine Einheit bilden.
Bevor ich zu den einzelnen Zuchtschwerpunkten der Grundfarbenschläge eingehen, eine weitere Aufgabenstellung die in der Arbeit des Sondervereins einen hohen Stellenwert hatte. Es galt die farbschwingigen Varianten, die anfänglich auch vorhanden waren, wieder herauszuzüchten. Mitte des vorherigen Jahrhunderts begann im Osten und im Westen die gezielte Herauszüchtung der Farbschwingigen in bindig und geschuppt. Wenn wir unsere Hauptsonderschauen betrachten, erkennen wir die hohe Qualität, die diese Farbenschläge erreicht haben. Heute werden alle 16 Farbenschläge in hervorragender Qualität ausgestellt.
Aktuelle Zuchtschwerpunkte unserer Luchstauben
Ziel unserer Zuchtarbeit muss die Erhaltung der kurzen Form mit entsprechender Brustbreite und Brusttiefe sein. Eine gleichmäßige Grundfarbe ist eine Grundforderung. Absetzende Bauch- und Rückenfarbe zieht immer Punktabzug nach sich, ein starkes Absetzen lässt nur die Note b zu. Dass Tiere mit After- und Schenkelweiß eigentlich im Ausstellungskäfig nichts zu suchen haben, sollte allgemein bekannt sein. Genau wie überschwingige bzw. unterschwingige oder wechselschwingige Tiere.
Auch sollte man immer daran denken, dass beim blauen Farbenschlag eine Schwingendifferenz von mehr als 2 die Note b nach sich zieht.
Unsere Luchstauben sollten einen zum Körper passenden Kopf haben. Der 1,0 sollte hier mehr Stirn und Kopfbreite gegenüber der 0,1 zeigen, wobei der Kopfzug länglich rund sein sollte, der höchste Punkt liegt vor den Augen.
Schon am Kopf sollte man das Geschlecht erkennen!
Die Augenfarbe wünschen wir uns orangerot. Rein gelbe Augen sind nicht unser Zuchtziel. Wir sollten aber die genetischen Zusammenhänge bei den einzelnen Farbenschlägen beachten.
Die Schnabelfarbe bei den Blauen und Schwarzen ist Schwarz, hingegen zeigen die Gelben und Roten idealerweise reine Wachsschnäbel. Pigmentierte Unterschnäbel oder dunkle Schnäbel bei den letztgenannten Farbenschlägen entwerten ein Tier.
Die Schwingenfarbe der farbschwingigen Vertreter wird immer im geschlossenen Zustand beurteilt. Tiere mit besonders feiner Zeichnung zeigen oft Fahnenzeichnung, die aber nur beim geöffneten Schwung zu sehen ist.
Finkenzeichnung im Schwung ist nicht unser Zuchtziel und führt je nach Grad zu Punktabzug.
Die Schwanzfarbe bei den schwarzen, roten und gelben Luchstauben sollte durchgehend gleichmäßig gefärbt sein. Unser Ziel muss es sein, auch die Ortfedern gleichmäßig ausgefärbt zu erzüchten. Hier muss aber immer zuchtstandsbezogen bei der Bewertung herangegangen werden. Zeigt uns doch die Praxis, dass die Tiere mit leicht aufgehellter Ortfeder das schönste Zeichnungsweiß aufweisen.
Der blaue Farbenschlag muss Ortfedern zeigen. Jede Aufhellung in den anderen Schwanzfedern (Spiegel oder Schilf) zieht ebenfalls Punktabzug nach sich.
Die Schwanzbinde sollte gleichmäßig durchgezeichnet sein und mit der Grundfarbe abschließen.
Wie verlangen wir die Zeichnung unserer Luchstauben?
Wir kennen 2 Flügelzeichnungsarten bei unseren Luchstauben. Zuerst möchte ich auf die bindige Flügelzeichnung eingehen. Wir verlangen 2 getrennte Binden, die parallel verlaufen und sich durch einen entsprechenden Bindenschwung auszeichnen.
Bei allen Farbenschlägen verlangen wir schneeweiße Binden, die keine Verunreinigungen (Pfeffer, Rost) aufweisen sollten. Der Bindenrand sollte immer glatt sein. Zacken, ob nach Innen oder Außen, sind immer verpönt.
Die Bindenreinheit bei unseren Schwarzen ist immer noch zuchtstandsbezogen zu bewerten.
Als Besonderheit tritt bei unseren blaubindigen Farbenschlägen der feine tiefschwarze Saum auf. Wir verlangen einen glatten scharf ausgeprägten Saum ohne Zacken. Grauer Bindensaum entwertet und lässt keine sg- Bewertung mehr zu. Sichtbare 3. Binden bedeuten auch immer einen Punktabzug.
Die andere Flügelzeichnung bezeichnen wir als Schuppung!
Spitzentiere unserer blaugeschuppten Luchstauben zeigen diese Zeichnung in Vollendung.
Betrachten wir eine Feder aus dieser Flügelzeichnung, so erkennen wir auf jeder Feder des Flügelschildes zwei gleichmäßige Ovale, die am Ende von einem tief schwarzen feinen Saum umschlossen sind. Nach dem Saum der Ovale schließt sich ein Abschnitt in der Grundfarbe an.
Die Aneinanderreihung der Ovale ergibt eine klare Anordnung, die bis zu 7 Binden erkennen lässt.
Auch hier sollte das Schuppungsweiß frei von Verunreinigungen, wie Pfeffer, Moos und Rost sein.
Eine perfekte Schuppung kann man schon als hohe züchterische Leistung bezeichnen, und hier liegen der Reiz und die Besonderheit des blaugeschuppten Farbenschlages. Wie bei den Bindigen entwertet auch bei den geschuppten ein grauer Saum erheblich.
Und aus diesem Grunde sieht es bei Geschuppten des schwarzen, roten und gelben Farbenschlages etwas einfacher aus. Da diese Farbenschläge keinen Saum haben, entfallen diesbezüglich die daraus resultierenden Forderungen.
Auch hier verlangen wir 2 gleichgroße Ovale, die schön ausgerundet sein sollten.
Die Forderung nach reinem Schuppungsweiß ist bei diesen Farbenschlägen noch mit Fingerspitzengefühl zu beurteilen.
Auch wenn wir hier schon schöne Spitzentiere bewundern konnten, haben wir in der Zuchtbreite noch eine Aufgabenstellung, die es zu verbessern gilt.
Arbeiten wir weiter an der Verwirklichung unserer Zuchtziele. Dazu wünsche ich allen Züchtern der Luchstaube viel Erfolg.
Alwin Herrmann & Jürgen Weber
Zuchtwarte des SV Luchstauben